TYPOMANIA



Einer der wichtigsten Aspekte der Plakatkunst, die Typografie, ist Thema des ersten Curator’s Choice im MAK Plakat Forum. Das neue Format bietet den Sammlungsleiter*innen des MAK die Gelegenheit, ihre Sichtweisen und Vorlieben sowie besondere Aspekte in der Plakatgestaltung zu präsentieren. Kathrin Pokorny-Nagel, Leiterin der MAK Bibliothek und Kunstblättersammlung/Archiv, zeigt in der ersten Ausgabe von Curator’s Choice anhand von rund 100 Beispielen aus 140 Jahren Grafikdesigngeschichte die Schlüsselrolle auf, die Typografie in der Gestaltung von Plakaten als Ausdrucksmittel schlechthin einnimmt.


TYPOMANIA spannt einen weiten gestalterischen Bogen, der das breite Feld verdeutlicht, in dem sich Typografie im Plakat bewegt. In einer bewusst subjektiven Auswahl regt Kathrin Pokorny-Nagel zu einem direkten, gleichzeitig zufälligen Vergleich zwischen historischem und aktuellem Grafikdesign an. Alphabetisch nach den Nachnamen der Entwerfer*innen geordnet und losgelöst von jedem zeitlichen oder geografischen Zusammenhang, werden Plakate aus eineinhalb Jahrhunderten miteinander
konfrontiert. Zu sehen sind unter anderem Arbeiten von Jules Chéret, Henri de Toulouse-Lautrec, Koloman Moser, Alfons Mucha, Heinrich Lefler, Franziska Harlfinger-Zakucka, Maria Jungwirth, Rudolf Larisch, Hertha Ramsauer, Lucian Bernhard, Mathilde Flögl, Robert Haas, Otto Hurm, Fritz Helmuth Ehmcke, Lawrence Weiner, Melk Imboden, Niklaus Troxler, Jianping He, Anna Haas oder Stefan Sagmeister.

Die Qualität, die alle gezeigten Plakate eint, ist die Bedeutung von Typografie als Gestaltungsmittel. So stieg im 19. Jahrhundert im Zuge der industriellen Revolution und der zunehmenden Urbanisierung der Bedarf an Reklame und Informationsvermittlung. Das Plakat eroberte eine zentrale Rolle in der visuellen Kommunikation. Die noch von traditionellen Drucktechniken und handgemalten Lettern geprägte Typografie hatte bereits die funktionale Aufgabe, durch gute Lesbarkeit und signalhafte Wirkung Informationen rasch zu vermitteln und bei den Betrachter*innen Emotionen hervorzurufen.

Mit der Weiterentwicklung der Druckverfahren begannen sich auch die Schriftarten zu diversifizieren: Grotesk- oder serifenbetonte Antiqua-Schriften dominierten und fanden ihren Platz in der Werbung. Ausgehend von den ersten Plakaten, die im Zuge der Gründung der Wiener Secession 1897 von Künstler*innen wie Alfred Roller, Koloman Moser sowie den Schüler*innen der 2 Klasse Rudolf Larischs an der Kunstgewerbeschule als künstlerische Handschrift verstanden wurden, spannt sich der Bogen der Ausstellung über Beispiele der Verschmelzung von Typografie und Illustration, wie sie in der Zwischenkriegszeit aus den Avantgarde-Bewegungen hervorkamen, etwa bei Erika Giovanna Klien, Franz-Čižek-Schülerin an der Wiener Kunstgewerbeschule, sowie bei Julius Klinger, Friedrich Kiesler oder Joseph Binder.

In den 1950er bis 1970er Jahren sind bei Hans Fabigan, Paul Kurt Schwarz, Heinz Traimer oder Hilda Zenegg die Schweizer Vorbilder und die Nachwirkungen des Bauhauses prägend, die Plakate werden von Typografie dominiert. Heute ist die Typografie im Plakatdesign so vielfältig wie nie zuvor. Designer*innen greifen auf klassische Schriftarten zurück oder schaffen durch computergenerierte Programme wie Glyphs neue Schriften und imitieren Handschriften. Die Typografie hat sich von einem Werkzeug der Werbung zu einem bedeutenden Teil der visuellen Kommunikation entwickelt. [AUSSTELLUNGSORT MAK Plakat Forum. Dauer bis 15.6.2025 ( Foto: MAK)]


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