Von Meistern und Schülern

Dorotheum-Auktionswoche ‚Classic Week‘ mit Alten Meistern, Gemälden des 19. Jahrhunderts und Antiquitäten
Pietro di Cristoforo Vannucci, genannt Perugino (1446–1523), war einer der einflussreichsten Künstler seiner Zeit. In Stil, Komposition und Maltechnik verkörpert er den Übergang von der Frührenaissance zur Hochrenaissance. Im Jahr 1479 und somit vor Michelangelo und Raffael wurde Perugino mit der Gestaltung der Sixtinischen Kapelle im Vatikan betraut.
Die beiden aktuell angebotenen Tafelbilder „Der dornengekrönte Christus“ und „Maria“ stammen aus den 1490er-Jahren. Jener Zeit, in der Perugino nach Perugia zurückkehrte und der junge Raffael in seiner Werkstatt anheuerte, welcher den Stil seines Meisters imitierte (€ 600.000 – 800.000). Mit seiner großen Werkstatt in Rom wurde das Genie der Hochrenaissance mit der Gestaltung der Stanzen im Apostolischen Palast beauftragt – sein vielleicht berühmtestes Werk. Nach Raffaels frühem Tod im Jahr 1520 vollendete sein begabter Schüler Giulio Romano (1499–1546) den prestigeträchtigen Auftrag.

Giulio Romano arbeitete sowohl an der Staffelei als auch an großformatigen Fresken mit Raffael zusammen. Nach Raffaels Tod waren seine Dienste gefragter denn je; 1524 wurde er von Federico II. Gonzaga in Mantua zum Hofmaler ernannt. Die auf das Jahr 1526 datierte „Mystische Vermählung der Heiligen Katharina“ stammt aus jener Zeit. Hier ist der Einfluss Raffaels zwar unverkennbar, doch Komposition, Farbgebung und die feine Beobachtung der Charaktere und Emotionen der Figuren tragen die ureigene Handschrift Giulio Romanos, eines führenden Vertreters des Manierismus (€ 400.000 – 600.000). 

Rubens-Zeichnung: von Giulio Romano und in weiterer Folge von Raffael inspiriert ist die Zeichnung einer Madonna mit Kind, eines der seltenen Werke von Peter Paul Rubens, die in roter Kreide ausgeführt ist. Die aktuelle Rubens-Forschung ist sich einig darüber, dass es sich um eine eigenhändige Arbeit von Rubens handelt. Der Künstler erweiterte die Komposition um die Darstellung der liebevoll ihrem Kind Zugewandten. Die Ausführungsart und der Entstehungszeitraum allerdings lassen sich nicht genau entschlüsseln. Wahrscheinlich ist, dass die oberen Teile später entstanden sind und dabei das gesamte Blatt nochmals überarbeitet wurde (€ 120.000 – 150.000).

Frühwerk von Artemisia Gentileschi: 
Von der zu Lebzeiten gefeierten, lange vergessenen und im vergangenen Jahrzehnt wiederentdeckten Barockmalerin Artemisia Gentileschi bietet die Auktion das Gemälde einer Madonna mit Kind, eine das Jesuskind stillende Maria. Seine Entstehung fällt in die Zeit ihres ersten signiertes Werkes, „Susanna und die beiden Alten“, von Gentileschi auf 1610 datiert. Damals schuf sie eine Reihe von Madonnenbildern, die einander nicht nur ähneln, sondern auch ein Gemälde von Artemisias Vater zum Vorbild haben. Das im Dorotheum angebotene und bei zwei Ausstellungen präsentierte Gemälde scheint nicht vollendet zu sein, da das Sitzmöbel fehlt. Es handelt sich vermutlich um jenes Bild, das im Inventar von Artemisias 1620 in Florenz zurückgelassenen Besitz aufgelistet ist (€ 400.000 – 600.000).

Caravaggios innovativer Realismus mit seinen dramatischen Lichteffekten samt Nahsichttechnik wiederum nahmen sich die so genannten Utrechter Caravaggisten zum Vorbild. Mit dem Porträt eines Kirchenmalers von Dirck van Baburen und die Darstellung von Johannes dem Täufer von Hendrick ter Brugghen sind die zwei einflussreichsten Protagonisten dieses Genres in der Auktion vertreten (€ 150.000 – 200.000, € 60.000 – 80.000).

Herbststimmung: Die Düsseldorferin Emilie Preyer war wie Gentileschi eine Malertochter und zählte zu ihren Lebzeiten zu den wenigen international bekannten und finanziell erfolgreichen Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts. Sie war berühmt für ihre überaus detailgetreuen Stillleben. Und immer wieder finden sich in Preyers Arbeiten Wespen und Fliegen: typisch für die Künstlerin, genauso wie die schimmernden Tropfen, die die Frische der Früchte bezeugen sollen. Ihre malerische Brillanz zeigt sich bei ihren drei herbstlichen Früchtearrangements, deren größtes mit 30.000 bis 40.000 Euro bewertet ist und in der Auktion von Gemälden des 19. Jahrhunderts am 23. Oktober 2024 angeboten werden.
Dorotheum-Auktionswoche von 22. – 23. Oktober 2024- (Foto: © Dorotheum)

 


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