Susan Philipsz – Night and Fog

Die Schottin Susan Philipsz gehört zu den herausragenden Künstler/ innen der Gegenwart. Ihr Werk setzt sich auf der Grundlage eines melancholischen Daseinsgefühls mit der menschlichen Stimme auseinander. In ihren akustischen Werken arbeitet sie meist ortsspezifisch. Bekannt wurde Philipsz 1999 mit a cappella gesungenen Liedern, für das Glasgow International Festival 2010 entwickelte sie nach einer Ballade aus dem 16. Jahrhundert das Werk Lowlands. Das Liebeslied — in drei Versionen gesungen, um unter drei Brücken in Glasgow übertragen zu werden — wurde später an der Tate Britain in London zur Aufführung gebracht. 2010 erhielt sie dafür den renommierten Turner Prize.

Themen der Erinnerung, des Traumas und der Trauer finden in jüngster Zeit verstärkt Beachtung, so auch in einer Arbeit von 2010 für das Solomon R. Guggenheim Museum in New York und 2012 für die dOCUMENTA (13) am Bahnhofsgelände in Kassel. In der neuen Werkserie War Damaged Musical Instruments (2015) arbeitet sie mit Instrumenten, die im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurden. Für ihr aktuelles Projekt für das Kunsthaus Bregenz bildet Peter Zumthors Architektur, konzipiert als Leuchtkörper zwischen Berg und See im Wechselspiel unterschiedlicher Lichtverhältnisse und in dem für die Stadt charakteristischen Nebel, den Ausgangspunkt. Nebel als Metapher war auch titelgebend für den französischen Dokumentarfilm Night and Fog (1955) von Alain Resnais, der die Deportationen in die Lager Auschwitz und Majdanek rekonstruiert — und die Erinnerung an diesen Orten selbst zum Thema macht. Philipsz zerlegt die von Hanns Eisler für den Kurzfilm komponierte Musik in die einzelnen Stimmen der Instrumente. Voneinander isoliert und aus der Gesamtkomposition gerissen, füllen deren Timbres die archaisch wirkenden Räume des Kunsthauses mit fast skulpturaler Präsenz.
»I see the voice as a means to infiltrate spaces, like a ghost in the machine, and return experience to a human scale. I also see the voice as a means to address people both individually and as a collective. Experiencing a lone, disembodied voice in a public setting can produce a strange experience among an unsuspecting audience, like feeling alone in a crowd.« Susan Philipsz
In einer Kooperation mit dem Jüdischen Museum Hohenems wird Philipsz eine zweite Soundinstallation erarbeiten, die parallel zur Laufzeit im KUB auf dem Jüdischen Friedhof in Hohenems zu hören sein wird. [Kunsthaus Bregenz. Ausstellungsdauer von 30. Jänner bis 3. April 2016 – Foto: © Susan Philipsz/Kunsthaus Bregenz 2016]
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