Farbenpoesie bei der 106. Kinsky-Auktion – Meisterwerke am 12. Mai 2015
Graphik und Malerei stehen im Zentrum der Meisterwerke mit Werken der Klassischen Moderne und der Zeitgenössischen Kunst: Hervorragende Beispiele von Vertretern des deutschen und österreichischen Expressionismus- Erich Heckel und Oskar Kokoschka- stehen den luziden Farbenreichtum eines Auguste Renoirs oder dem kraftvollen Expressionismus eines Alfons Waldes entgegen. Die Gegensätze lassen sich fortführen mit Werken aus der Liste der Who is Who: Zeichnungen von Gustav Klimt und Egon Schiele (Sitzendes Mädchen, 1918 € 70.000 – 140.000), ein feinst modelliertes Aquarell von Albin Egger-Lienz (Porträt, € 25.000 – 50.000) und ein ausdrucksstarkes Porträt von Max Oppenheimer (Friedrich Heyde, € 70.000 – 140.000) sowie ein Stillleben von Rudolf Wacker (€ 70.000 – 140.000). Bei den Zeitgenossen punkten Max Weilers „Der Regen ist grün“ (€ 120.000 – 200.000), Karl Prantls „Medidationsstein“ (€ 100.000 – 200.000) sowie Oswald Oberhubers „Zähne“ (€ 18.000 – 28.000) und Herbert Brandls großformatiges Gemälde von 2009 (€ 35.000 – 70.000).
In den 1960er Jahren, kurz vor dem Tod des Malers, Erich Heckel, erwarb eine ehemalige Schauspielerin aus Österreich den Holzschnitt „Fränzi liegend“ direkt vom Künstler. Es war möglicherweise eines der letzten Exemplare dieses Motivs, das zu den Inkunabeln des deutschen Expressionismus zählt! 1910 vollendete Erich Heckel, einer der Gründer und Hauptvertreter der Gruppe „Die Brücke“, das Bild des liegenden kindlichen Aktes und brach damit ein Tabu. Das raue Material des Holzschnittsförderte die kantige, unmittelbare Gestik, durch den händischen Druckvorgang ist jedes Blatt ein Original! („Fränzi liegend“, 1910, Farbholzschnitt auf Papier, 23 × 41 cm (Bildgröße), € 150.000 – 300.000).
Mit der Zeichnung „Weib über Schemen gebeugt“ von Oskar Kokoschka stellt die Zeichnung eine wahre Entdeckung dar. Es handelt sich dabei um eine jener seltenen Originalzeichnung für die berühmte Lithographieserie „Der entfesselte Kolumbus“. Noch dazu jenes Blatt, das den Künstler mit seiner damaligen Geliebten Alma Mahler in einer Pietà-artigen Verschränkung zeigt („Weib über Schemen gebeugt“, 1913, 29 x 43 cm, Kohle und Bleistift auf Papier, € 70.000 – 140.000). Die Kombination von Berg, Bauernhof und Schnee vor tiefblauem Himmel hat Alfons Walde schon zu Lebzeiten zu einem der erfolgreichsten Maler des Landes mit internationalem Renommee gemacht! Der Berghof im Frühling vor der mächtigen Kulisse des Wilden Kaisers ist noch dazu eines der seltenen Motive, das Walde in einer Komposition von scharfen Diagonalen, großen monochromen Flächen und ausgewogenen Farbkontrasten und mittels seiner kraftvollen, unverwechselbaren Malführung Gestalt werden lässt. (Berghof, 1928/1930, Öl auf Karton, 42 x 60 cm, € 150.000 – 300.000)
„UND“-Phase nennt sich jene Werkgruppe, die Kandinsky ab Mitte der 20er Jahre und unter dem Einfluss Paul Klees erarbeitete. Neue Techniken und Bildtypen werden versucht, wie das Spritzen von Farbe durch Schablonen. Graphische Chiffren scheinen daher auf Grund zu schweben, das Spannungsverhältnis der früheren Arbeiten weicht einer medidativen Ruhe. („Zwei zu Eins“, 1933, Aquarell und Gouache auf Papier, 48,5 × 31,7 cm, € 70.000 – 140.000)
Ein Bayer, der in die USA auswandert und eine der wichtigsten Strömungen der modernen Kunst begründete: Hans Hofmann, ohne dem der amerikanische Abstract Expressionism nicht zu denken wäre. Wegen seiner intensiven Lehrtätigkeit entstand erst im Alter ein umfangreiches Werk, das am europäischen Markt nur selten angeboten wird. „Green Pasture“ wurde direkt beim Künstler von einer österreichischen Privatsammlung erworben. („Green Pasture“, 1963, Öl auf Leinwand, 127 × 101,6 cm, € 250.000 – 500.000)
Max Weiler lässt es regnen Neuschöpfung der Natur ohne Naturähnlichkeit war das Credo von Max Weilers umfangreichem Werkepos, dessen moderne Interpretation von Landschaft und Natur bahnbrechend war. Er war bereits über 70 Jahre, als er die Summe seiner künstlerischen Entwicklung zu neuen Höhepunkten und Erkenntnissen führte. Der grüne Regen ist sympotmatisch für dieses reife Spätwerk, wo Farben in ständiger Gegenbewegung zueinander streben, transparent und deckend, erdig und atmosphärisch und die Formen von Weilers Naturvision sich eigenständig organisch entwickeln. („Der Regen ist grün“, 1982, Eitempera auf Leinwand, 200 x 110 cm, € 120.000 – 200.000)
Mit im Grünen Hundertwassers kraftvolle Vision einer anderen Moderne ist in diesem Meisterwerk aus den späten 50er Jahren erlebbar! Aus organischen Formen, Kurven, Linien, Wellen und Kreisen entstehen Assoziationen zu Hügeln und Land-schaftsräume, getränkt in schillerndes Grün und Blau, umrahmt von knalligem Rot. („Die grüne Steiermark“, 1958, Wasserfarbe und Eitempera auf Leinwand, 61 x 50 cm, € 80.000 – 160.000)
Franz West x 10 Sie sind provokativ, humorvoll, comicartig – die Mischtechniken von Franz West, die er parallel zu seinen Passtücken von Beginn an in kleinen Formaten – wie Häppchen – servierte. Sie tauchen immer nur vereinzelt am Markt auf, weshalb das Angebot von gleich 10 Arbeiten aus den Jahren 1971 und 1972 aus einer Sammlung sensationell ist. Sie erlaubt nicht nur eine Auswahl sondern auch einen seltene thematische Zusammenstellung. (Zehn Arbeiten von 1971 und 1972, Mischtechniken, 14 x 20 cm, je Blatt € 10.000 – 20.000) . Sie waren die special guests der Wiener Festwochen 1986: Keith Haring und Jenny Holzer! Und weil die Pausen lang waren, malte Haring dem Kameramann des ORF Erwin Palmstorfer ein Männchen auf das ausgerissene Brett einer Plakatwand. Ein off-set- Happening also mit Sensationswert! (o. T., 11. Mai 1986, Acryl auf Hartfaser-/Holzplatte, 125 x 60 cm, € 50.000 – 100.000). (Foto: Auktionshaus ‚im Kinsky‘)
DAS KUNSTMAGAZIN
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