Work it, feel it!
Work it, feel it!, der Beitrag der Kunsthalle Wien zur VIENNA BIENNALE 2017, umkreist das Verhältnis von Arbeit und Körper anhand aktueller Entwicklungen und imaginierter Zukunftsszenarien. Entgegen der häufig unkritischen Reproduktion eines auf Innovation und Optimierung gerichteten Diskurses um das Thema Arbeit nehmen die Künstler/innen der Ausstellung in ihren Beiträgen eine bewusst kritische Haltung ein. Diese fußt auf einer intensiven Auseinandersetzung mit der Geschichte und Gegenwart gesellschaftlicher Disziplinierungsmechanismen. Zentrale Themen sind sowohl die an den menschlichen Körper gestellten Anforderungen als auch dessen Handlungsmöglichkeiten angesichts einer kapitalistisch geprägten Arbeitsorganisation und -definition sowie zunehmender Automa-tisierung.Arbeit ist eine der zentralen menschlichen Tätigkeiten. Mehr als nur Sicherung des ökonomischen Auskommens, scheint Arbeit heute der einzige Weg zur sozialen Positionierung zu sein. Sie bleibt dabei in ihrer Dominanz, Ausrichtung und der Taktgebung menschlichen Lebens weitgehend unhinterfragt. Dabei sind Tausende Menschen ohne Arbeit. Viele sind in prekären Arbeitsbedingungen extremem Druck ausgesetzt, mit hohen körperlichen Belastungen als Folge. Arbeit geht zahlreichen Individuen wortwörtlich an die Substanz. Inhaltliche Kompetenzen alleine reichen im modernen Arbeitsleben nicht. Bewertung bemisst sich nicht länger am Können, sondern am Sein: „Werde, was du bist, und du wirst sein, was wir brauchen“, formuliert es der Soziologe Ulrich Bröckling.
Kontrollmechanismen dienen nicht mehr nur dazu, den Körper zu einem perfekten Werkzeug von Produktion und Konsum zu erziehen und zu formen. Der Körper selbst wird zum Ziel der Arbeit – und diese Arbeit scheint grenzenlos zu werden. hours before deadline, eine installative Anordnung von in Messing und Acrylglas gefertigten Objekten des Künstlerduos Juliette Goiffon / Charles Beauté, präsentiert eine futuristisch anmutende Synthese aus Homeoffice und Fitnessstudio. Die hypermoderne, diagrammatische Bildsprache legt die Mechanismen grenzenlos gewordener Arbeit am körperlich wie geistig produktiven Selbst offen.Bei einem Upgrade des Selbst in kompetitiven Kontexten helfen Technologien, die immer näher an den Körper heranrücken oder gar in ihn eindringen. Das Leben verschmilzt mit der Arbeit und der Technologie, die auf alle Aktivitäten, privaten Gefühle, Wünsche und Gedanken zugreift, diese verwertet und produktiv macht. In diesem Kontext sind auch die großformatigen Wandarbeiten des Künstlers Shawn Maximo zu lesen. Maximo entwirft verwirrende Zukunftsszenarien. Seine Projektionen wirken vertraut und unheimlich zugleich. Vor seiner neuen, für Work it, feel it! entworfenen Arbeit Creeper Comforts (Specialty Multi) stehen die Betrachter/innen wie vor der Auslage eines futuristischen Kosmetikladens, der sich auf die Optimierung der äußeren Erscheinung spezialisiert hat – ob von Menschen, Robotern oder gar Cyborgs bleibt dahingestellt.
Die Parole Work it, feel it! steht aber nicht nur als ironische Losung für eine freiwillige Unter-werfung unter moderne Arbeitsbedingungen. Sie soll auch an die (zum Teil unbewussten) Momente des Widerständigen gemahnen: Affekte bzw. Symptome wie Burnout, Depress-ion, Nervosität und physische Erkrankungen werden als gängige Begleiterscheinungen betrachtet. Was aber, wenn sie als Signale körperlichen Widerstands gelesen würden? So zeigt die Künstlerin Sidsel Meineche Hansen in The Manual Labour Series eine von monotoner Belastung beanspruchte Hand und eine Kartographie des autonomen Nervensystems, das ohne bewusste Steuerung arbeitet und in dem nervöse Erschöpfungszustände ihre Wurzel haben. Ihre Holzskulptur ONEself wiederum zeigt einen hypersexualisierten Frauenkörper. Die Vorlage dafür hat die Künstlerin von einer Firma erworben, die 3D-Modelle menschlicher Körper für Computerspiele und die digitale Unterhaltungsindustrie entwickelt. Auf einem Bürostuhl sitzend, den Kopf im Rachen einer riesigen Schlange, erscheint die gesichtslose, hybride Skulptur als Maskottchen eines gefräßigen Kapitalismus. Nur der Schlaf entzieht sich der Verwertung und ökonomischen Vereinnahmung. Er scheint unvereinbar mit modernen Vorstellungen von Produktivität. An der Überwindung bzw. Nutzbarmachung des Schlafes wird deshalb intensiv geforscht. Wir werden angehalten möglichst effektiv zu schlafen, um ebenso effektiv arbeiten zu können. Noch lässt sich das Bedürfnis nach Schlaf zwar bis zu einem gewissen Grad korrigieren, aber nicht eliminieren.
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Danilo Correales Videoarbeit No More Sleep No More präsentiert Schlaf denn auch als Form des Widerstands oder gar Protests: Die auf Interviews mit verschiedenen Expert/innen basierende Videoinstallation untersucht die biologische, gesellschaftliche und historische Rolle von Schlaf und damit die Ideologie des Neoliberalismus, auch diese Bastion körperlichen Widerstands gegen eine allumfassende Verwertung zu erobern. Einhergehend mit flexibilisierten und prekarisierten Arbeitsverhältnissen sehen sich Arbeiter/innen gezwungen, sich als Unternehmen zu begreifen und sich selbst als Produkt zu vermarkten. Die Rolle von Künstler/innen ist in dem Zusammenhang höchst ambivalent. Auch wenn sie häufig als kritische Stimmen gegenüber den Logiken kapitalistischer Verwertung auftreten, sind sie zugleich ein Paradebeispiel der kreativen, flexiblen und vermeintlich selbstbestimmten Arbeit. Das Künstler/innenkollektiv Apparatus 22 markiert in poetischen, auf Leder tätowierten Texten den menschlichen Körper als umkämpften Ort gesellschaftlicher Normen. Apparatus 22 führt aber auch das Kunstsystem selbst vor, das gerne von sich behauptet, nach den Regeln von Kreativität, Freiheit und Individualismus zu funktionieren. Mit ihrer Performance Art is Work, die im Rahmen der Eröffnung gezeigt wird, hinterfragen sie den Wert künstlerischer Arbeit und entlarven den institutionellen Kunstbetrieb selbst als ausbeuterisches System. [Kunsthalle Wien Karlsplatz. Dauer 21. Juni bis 10. September 2017 (Foto: Kunsthalle Wien)]
Künstler/innen: Apparatus 22, Hannah Black, Danilo Correale, Juliette Goiffon / Charles Beauté, Louise Hervé / Chloé Maillet, Shawn Maximo, Sidsel Meineche Hansen, Toni Schmale, Romana Schmalisch / Robert Schlicht, Visible Solutions (Kuratorin: Anne Faucheret. Ko-Kuratorin: Eva Meran)
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