Kommentar: Roter Faden „Qualität“ – Dorotheum Möbelexperte Ulrich Prinz über die Auflösung des stilgetreuen Ensemble-Einrichtens hin zum qualitätvollen Stilmix

Bei der Arbeit eines Auktionsexperten stellen sich die meist relevanten Fragen: „Was ist heutzutage „in“? Was lässt sich gut verkaufen? Wie soll man eine Auktion – also das Angebot – gestalten um dem Anspruch – also der Nachfrage – des Kunden am besten entsprechen zu können?

Wie es einmal war, wissen wir aus unserer langjährigen Arbeitspraxis. Wohnungs-auflösungen bzw. Hinter-lassen-schaften aus dem bürgerlichen und großbürger-lichen Milieu zu bewerten gehört zur Routinearbeit. Hierbei lässt sich sehr einfach analysieren, wie sich der human-istisch gebildet , kunstaffine Aristokrat, Unternehmer, Oberarzt, Rechts-anwalt etc. repräsentativ eingerichtet hat und was zum „guten Ton“ der sogenannten „kaufkräft-igen Oberschicht“ in Sachen Einrichtung gehörte.

Es gab in der Regel einen Salon im barocken oder klassizistischen Geschmack , der Hausherr bevorzugte im Arbeits- bzw. Herrenzimmer eher Renaissance- oder Frühbarocke Stilformen und die Dame des Hauses zog sich gerne ins Biedermeierzimmer zurück. Alle Räume vertra-ten, mehr oder weniger konsequent, ein Ambiente im Ensemblecharakter. Und dies in einer Üppigkeit – von Möbeln, Teppichen, Bildern bis hin zu Kleinkunstobjekten und Wohn-accessoires -, die heut-zutage häufig als übertrieben empfunden wird .

Das war einmal! Aber wie ist die aktuelle Situation – und wie lautet die Prognose für die mittelfristige Zukunft ?

Wie Auktionsergebnisse der vergangenen Jahre belegen, geht der Trend eindeutig in die „Moderne“. Die Preisentwicklung in der Sparte „Design des 20 Jahrhunderts“ lässt so manchen Barockmöbelspezialisten vor Neid erblassen. Hinzu kommt, dass der Trend in Richtung barrierefreies, reduziertes Wohnen mit großen Glasflächen und wenigen „Staubfängern“ geht. Ein Solitärstück neben moderner oder zeitgenössischer Kunst im loftartigem Ambiente – that‘s it!

Bezüglich der Bestückung in Sachen Mobiliar trifft der Slogan „erlaubt ist, was gefällt“ wohl am ehesten zu. Ob der Esstisch nun von Prouvé, Saarinen oder gar aus einem italienischen Kloster des 16. Jahrhundert stammt, ist nicht wichtig. Ausschlaggebend sind Qualität und Exklusivität und letztendlich die generelle Kombinationsfähigkeit im modernen Wohnambiente. Am freien Markt ist dies durch die Preisentwicklung abzulesen und wir Experten im klassischen Bereich sind fieberhaft auf der Suche nach der „modernen Anti-quität“.(Foto: © Dorotheum)

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