„RealFiktional“ im neuen „Kunstraum Nestroyhof“
Kunstraum Nestroyhof eröffnet im Juni mit Arbeiten der Objektkünstlerin Julie Hayward und des Malers Thomas Reinhold
Am 15. Juni eröffnet mit dem „Kunstraum Nestroyhof“ im zweiten Wiener Bezirk eine neue Präsentationsfläche für vielfältige Positionen zeitgenössischer bildender Kunst aus Österreich und darüber hinaus. In der ersten Ausstellung „RealFiktional“ werden Gemälde von Thomas Reinhold und Objekte von Julie Hayward einander gegenübergestellt und mitei- nander in Beziehung gebracht. Für die künstlerische Leitung zeichnet Christine Janicek, Kunsthistorikerin sowie langjährige Kuratorin und Ausstellungsmacherin, verantwortlich. Die Gemälde von Thomas Reinhold eröffnen mittels mehrfacher Überlagerung von Schichten virtuelle Räume. Durch die Skulpturen von Julie Hayward wird die Malerei ins konkret Dreidimensionale weitergeführt. Malerei und Skulptur werden nicht mehr isoliert wahrgenommen ― sie überschneiden sich räumlich, formal und gedanklich und schaffen so eine neue Zwischenwelt, in der man sich wie selbstverständlich ― gleichsam wie in einem Traum― zurecht finden kann. Julie Hayward und Thomas Reinhold verbindet bei aller Unterschiedlichkeit ihres Mediums eine gleiche Herangehensweise: „Das Gemeinsame an unseren Arbeiten ist, dass sie in einem Schwebezustand entstehen, in dem Unbewusstes und Bewusstes fusionieren. Das Unbekannte, das da- raus erwächst, wird erst in der materiellen Umsetzung konkretisiert. Durch das Zusammen- führen unserer Arbeiten entsteht ein utopischer und zugleich etwas unheimlicher Hyperraum.“ Eine Parallelwelt tut sich auf, die für beide Künstler sehr real ist ― ein fiktionaler skulpturaler bzw. malerischer Raum, in dem sie sich souverän bewegen.
Die cyborgartigen Wesen von Julie Hayward haben sowohl einen organischen als auch einen mechanischen Aspekt. Es entstehen technoide, an Science-Fiction erinnernde Objekte, die zwiespältige Gefühle evozieren ― einerseits rufen sie unbewusste Ängste wach, andererseits sind auch Humor und Ironie ein wesentlicher Aspekt dieser skurrilen Erfindungen. Man mag an technische Vorgänge denken, vielleicht an Maschinen, die in Bewegung sein könnten, die aber im Moment ruhig gestellt sind. Handfeste Objekte und Apparaturen täuschen ein Funktionieren vor, das jedoch komplexere Ursprünge hat als mechanische Ge- triebe und physikalische Energie. Julie Hayward: „Ich stelle innere Prozesse dar, psychische Konstruktionen und existenzielle Fragen. Die fast konstruktive Form der Objekte, die das Unbewusste findet, verdeutlicht Vorgänge, die gemeinhin nicht festzumachen sind.“ Ihre Zeichnungen, die Ausgangpunkt der skulpturalen Arbeiten sind, entstehen in einer Art psychischem Automatismus, die Titel dienen als Fährte zur Interpretation. Thomas Reinhold zeigt Arbeiten aus seinen Werkgruppen „Tektonik der Schwebe“ und „Transport und Kommunikation“, in denen er den Entstehungsprozess für die BetrachterInnen nachvollziehbar reflektiert.
Die Leinwand wird auf Kisten aufgebockt, die Farbe wird geschüttet und durch Anheben des Rahmens transportiert. Der Totpunkt stoppt die flüssige Farbe, erlaubt einige Augenblicke lang ein Innehalten zwischen den Entscheidungen. Thomas Reinhold: „Der Zwischenbereich wird der Ort des Interesses, in dem Formen entstehen, die zwischen Rinnsalen aufgehängt scheinen. Durch Kontemplation und bewusstes Träumen versuche ich eine Gratwanderung, durch die unmittelbar und möglichst direkt aus dem Unbewussten Bilder werden. Meine Malerei kennt also keine rationale Umsetzung, keine Abstrahierung, sondern versucht, sich direkt in den Gegenstücken der Wahrnehmung aufzuhalten, um dort ihr Reservoir zu schaffen.“ Die im Werkgruppentitel genannte „Kommunikation“ tritt ein, wenn obiger Vorgang wiederholt angewandt zu Überlagerung und Aus- tausch der Farben untereinander führt und so das Hintereinander der prozessualen Vorgangsweise zum räumlichen Erlebnis für die Betrachter wird.
Der zweigeschossige „Kunstraum Nestroyhof“ liegt mit seinen großzügigen Räumlichkeiten im 1898 von Oskar Marmorek erbauten Nestroyhof. Damit ist der Kunstraum in einem sowohl historisch bedeutsamen als auch kulturell lebendigen Teil des zweiten Wiener Bezirks und im Umfeld von Galerien und Ateliers, in einem Ambiente von Avantgarde und Grätzelkultur und in unmittelbarer Nachbarschaft des Theaters Hamakom verortet. Der programmatische Schwerpunkt des Kunstraums Nestroyhof liegt auf der Präsentation vielfältiger Positionen zeitgenössischer bildender Kunst aus Österreich und darüber hinaus. Außerdem sind Performances, Lesungen, Filme, KünstlerInnengespräche, Diskussionen, Symposien und innovative Kunstvermittlungsformate geplant. Überdies setzt Christine Janicek, künstlerische Leiterin des Kunstraums Nestroyhof, auf die Zusammenarbeit mit GastkuratorInnen, um historischen und sozialpolitischen Aspekten sowie der Geschichte des zweiten Bezirks Rechnung zu tragen. Angedacht sind weiters von FilmhistorikerInnen kuratierte Filmreihen ― die entsprechende Infrastruktur wurde im Zuge der Umbau- und Renovierungsarbeiten installiert.
Christine Janicek über den neuen Raum: „Ich freue mich, hier den perfekten Ort für unser Ausstellungskonzept entdeckt zu haben ― sowohl geografisch als auch bez üglich künstlerischem und historischem Ambiente. Der Ort ist ideal, um Kunst stattfinden zu lassen, die zum Schauen, Hören, Reden und Denken animiert. Der Kunstraum Nestroyhof soll ein Raum für künstlerische Experimente ebenso wie für spannende Diskurse sein. In diesem Sinne sollen sowohl eigene Projekte als auch interessante Kooperationen umgesetzt werden. Ich hoffe, mit dem Kunstraum Nestroyhof der Vielfalt dieses Viertels eine weitere interessante Facette hinzuzufügen.“
2016 wird der Raum mit drei hauseigenen Ausstellungsprojekten bespielt: Die Eröffnung erfolgt Mitte Juni mit aktuellen Arbeiten der Bildhauerin Julie Hayward und des Malers Thomas Reinhold. Es folgen im September die bildende Künstlerin Nita Tandon und der Literaturperformer Daniel Wisser und im November eine Personale der Malerin Eva Hradil im Rahmen des Kunstprojekts „Serendipity“ (www.projekt-serendipity.at), das im Kunstraum Nestroyhof fortgesetzt wird. Im Februar 2017 schaffen die drei österreichischen MalerInnen Max Böhme, Ronald Kodritsch und Franziska Maderthaner unter dem Arbeitstitel „Das beste Bild der Welt“ eine große Gemeinschaftsarbeit mit Bildern, Zeichnungen und Arbeiten auf Papier, einem Video und einem Katalog. Im Anschluss steht eine foto- grafische und inhaltliche Annäherung an Plattencovers von den Anfängen bis heute auf dem Programm. [Kunstraum Nestroyhof. Ausstellungsdauer: 16. Juni bis 15. September 2016 – Foto: © Kunstraum Nestroyhof]
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