100 BESTE PLAKATE 16
Deutschland-Österreich-Schweiz
Zeitgenössisches Plakatdesign hat deutlich mehr zu bieten, als Inhalte publikumswirksam für öffentliche Werbeflächen zu illustrieren. Wie avanciert konsumentenorientierte Gestaltung aussehen kann und wie viel Spielraum für subtilen Humor und versteckte Kritik grafische Umsetzungen am Plakat bieten, stellt100 BESTE PLAKATE 16. Deutschland Österreich Schweiz auch 2017 unter Beweis. Mit der Ausstellung des beliebten Grafikdesignwettbewerbs, der heuer mit 2 116 Plakaten von 632 EinreicherInnen einen Beteiligungs-Rekord verzeichnet, liefert das MAK wieder einen Querschnitt der aktuellen Trends und Codes des Grafikdesigns Hundert heterogene Sujets und EinreicherInnen – vom studentischen Projekt bis zur Auftragsarbeit etablierter GrafikdesignerInnen und Agenturen – stehen sich als gleichwertige Gewinner gegenüber. Die von einer international renommierten Fachjury prämierten Plakate und Plakatserien gehen auch heuer als Neuzugänge in die MAK-Sammlung ein. Nach Ländern gliedern sich die Gewinner in 52 Projekte aus der Schweiz, 46 aus Deutschland und – trotz abermaliger Steigerung der EinreicherInnen – nur zwei aus Österreich. Juryvorsitzender Alain Le Quernec resümiert: „Die Talente, die eine neue Ästhetik durchsetzen, indem sie Jahr um Jahr wieder ausgewählt werden, entwickeln sich ihrerseits zu Vertretern einer neuen Form der Klassik. Neue Trends kennen keine Grenzen, jede Generation schuldet es sich selbst, die Normen der Vorgängergeneration zu sprengen, neue Codes zu erfinden, sich mit dem Bruch zu identifizieren – selbst wenn diese Revolutionen mit Abstand betrachtet letztlich nur Entwicklungen sind.“ Die Palette der hundert prämierten Projekte reicht von vorrangiger Produktwerbung bis zur Affiche mit pointiertem Witz oder politischem Hintergrund. Teils überraschen unkonventionelle grafische Lösungsansätze mit ihrer Interpretation klassischer Sujets. Bildflächen werden zu Crossovers, in denen historische Bildwelten zitiert, neu interpretiert und somit erlebbar gemacht werden.
Neben der großen stilistischen Vielfalt, die die Ausstellung auch dieses Jahr wieder charakterisiert, sind heuer einige GewinnerInnen zu verzeichnen, die mit ihren hochqualitativen Einreichungen an Erfolge der Vorjahre anknüpfen konnten. Unter den beiden Siegerprojekten aus Österreich findet sich ein im Wettbewerb schon bekanntes Gesicht: bereits zum dritten Mal konnte Benjamin Buchegger vom Atelier Beton (Wien, Salzburg, Leipzig) die Fachjury überzeugen. Buchegger, der an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert, hat für sein Plakat Mai Frische – getreu dem titelgebenden Motto – eine erfrischend bunte Farbgestaltung gewählt. Die dabei verwendeten kontrastierenden Farben der Typografie – Gelb, Blau und Rot – überschneiden sich und verlaufen ineinander. Ein alternatives Motto für dieses Plakat könnte daher auch „Vorsicht, frisch gestrichen!“ lauten. Das Linzer Studio OrtnerSchinko hat mit seinen Plakaten für den Kulturverein Stadtwerkstatt eine Serie von zwei Konzertankündigungen für The Future Sound geschaffen. Die beiden in Schwarz und Weiß gehaltenen Plakate erinnern in ihrer Aufmachung an die Covergestaltung von Magazinen. Der Name des Top Acts des Abends wird durch Silbentrennung beziehungsweise Silbenvertauschung typografisch so gesetzt, dass der Schriftzug gegen unsere Lesegewohnheit erscheint. Beinahe zu einer Tradition geworden sind die in den letzten Jahren mehrmals prämierten Plakate der – laut Eigendefinition – „hochkreativen Denkzellen“ Rocket & Wink für die Getränkemarke fritz-kola. Der cartoonhafte Witz ihrer Plakate ist irritierend, aber dennoch allgemein verständlich. Ihr in kindlicher Manier gesetzter Duktus ist mit subtilem Humor durchsetzt, Produkt und Zielgruppe finden sich in harmonischem Einklang. Dass ein politisch motiviertes Plakat kaum Gestaltungsmittel benötigt, stellt das Plakat Brexit von Vinzent Britz unter Beweis. Er stellt die Farbe Blau, die an die EU-Flagge erinnert, aus der britischen Flagge einfach frei und gibt somit ein eindeutiges politisch motiviertes Statement ab, das leicht dechiffriert werden kann. Im Rahmen einer Ausstellungstournee wird die Schau an insgesamt sieben Orten in Deutschland, Österreich und der Schweiz gezeigt. [MAK. Ausstellungsdauer: 18. Oktober 2017 – 25. Februar 2018 – Foto © MAK]
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